Wenn man sich meine Webseite anschaut, kann man leicht übersehen, dass meine originäre Ausbildung Agrar-Ingenieurin heißt. Mit knapp zwanzig Jahren habe ich bewusst ein produktionstechnisch-naturwissenschaftliches Studium gewählt. Einen “grünen” Beruf wollte ich damals erlernen, einen, der interdisziplinäres Denken schult. Die Agrarwissenschaften schienen mir diesem Anspruch am besten gerecht zu werden, und mit dieser Annahme habe ich bis heute Recht behalten. Nicht zuletzt hat mich aber eine Profession fasziniert, die elementar von den Jahreszeiten und äußeren Bedingungen abhängt. Und kann es etwas Elementareres geben, als sich mit dem zu beschäftigen, das “tägliche Ernährung” genannt wird?
Agrarwissenschaften – was lernt man denn da? Diese Frage bekomme ich oft gestellt. Zusammengefasst lässt sie sich vielleicht so beantworten: Die ökonomische und ökologische Erzeugung von pflanzlichen und tierischen Nahrungsmitteln unter Einhaltung gesetzlicher Rahmenbedingungen. Ökonomie und Ökologie in einem Atemzug genannt – das mag den ein oder anderen vielleicht überraschen. Aber einer der wesentlichen Lehrinhalte ist die Vermittlung der Einsicht, dass alle wie auch immer gearteten Betriebsmittel eine bewertbare energetische oder funktionale Basis besitzen. Eine ebenso simple wie sachlogische Betrachtung. So gelten Festmist, Gülle oder andere organische Reststoffe im landwirtschaftlichen Betrieb eben nicht als Abfall, sondern als wertvoller Dünger. Falsch angewendet können daraus nicht nur ökologische Probleme, sondern handfeste ökonomische Nachteile erwachsen. Das ist in konventionellen Betrieben übrigens nicht anders als in biologisch bewirtschafteten.
Vom 11. bis 14. November 2014 fand in Hannover die weltweit größte Leitmesse für Tierhaltungs-Profis – die EuroTier statt. Da einer meiner Kunden dort ein neues Produkt für die Ferkelaufzucht vorstellte, habe ich mich ebenfalls auf in die niedersächsische Landeshauptstadt gemacht. Neben der Präsentation der schier unzähligen neuen Produkten und Dienstleistungen für die Tierhaltung ist die EuroTier auch eine Messe mit einem umfangreichen Angebot an Workshops, Infoveranstaltungen und Foren. Die Deutsche Landwirtschafts Gesellschaft (www.dlg.org) bietet in der Reihe “DLG Talk-Tier” regelmäßig öffentliche Podiumsdiskussionen an. “Tierhaltung und Umwelt – Ressourcenmanagement in der Praxis” hieß die von mir vorgestellte Diskussionsrunde mit Martin Hofstetter (Greenpeace, 1. v.r.), Dr. Thomas Kaufmann (Evonik Industries AG, 2.v.r), Prof. Dr. Hubert Spiekers (Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, 3.v.r) und Philipp Schulze Esking (Schweinehalter, 1.v.l) an der Diskussion teil.
Die Landwirtschaft ist der größte Produzent von Methan- und Lachgas (klimaschädliche Gase) in Deutschland. Was lässt sich dagegen tun und wie soll die Tierhaltung angemessen reagieren? Sehr zu meiner Überraschung lagen die Meinungen von NGO, Industrie, Forschung und praktischer Landwirtschaft zum Thema Ressourcenmanagement gar nicht besonders weit auseinander. Die Diskussion wurde sachlich und emotionslos geführt – angesichts der, erst kürzlich durch eine große deutsche Wochenzeitung wieder befeuerte, aber leider oft unheilvollen öffentlichen Debatten sehr angenehm. Alle Beteiligten waren sich darüber einig, dass jeder einzelne landwirtschaftlichen Betriebeine Verantwortung im globalen Ressourcenschutz zu übernehmen hat. Reichlich Potenziale machten dafür alle Beteiligten in der Haltung, Fütterung und im CO2-Management aus. Eine stärkere Kooperation zwischen Wissenschaft und Praxis sei von Nöten. Prof. Hubert Spiekers, während meines Studiums übrigens einer meiner Tierernährungs-Dozenten, meinte dazu:” Wir wissen eine Menge, aber wir haben wenig umgesetzt.” Erstaunlich fand ich auch die Aussage von Martin Hofstetter von Greenpeace, der den neuerlichen Einsatz von Tiermehl in der Tierfütterung als eine ökologisch sinnvolle Eiweißquelle ansieht.
Auf youtube lässt sich die gesamte Diskussionsrunde übrigens noch einmal im Video mitverfolgen.